Montag, 24. Dezember 2012

Heiligabend: Ein paar Gedanken

Heute ist euch der Retter geboren!, gibt es eine bessere Nachricht? Ich denke, nein. Dennoch stelle ich diese Frage. Dennoch stellen viele Priester und Pastoren in aller Welt diese Frage.

Im schönen Evergreen unter den Weihnachtsliedern, Stille Nacht, heilige Nacht, singen wir "Christ, der Retter, ist da". Auch die englische Übertragung Silent Night singt "Christ, the Saviour is born" - "Christ, der Retter, ist geboren".
Interessant ist hierbei die Übereinstimmung des englischen Wortes "save" mit seinen deutschen Übersetzungen "retten" und "schützen". Liegt beides nahe beieinander. Was drückt "retten" aus, und was "schützen"?
In meinem Windows-Betriebssystem finde ich sogar das Wort "speichern" an entsprechender Stelle des Menüs...

Retten, schützen, speichern - das bedeutet immer "bewahren", bewahren vor der Auslöschung, dem "Entf"-ernt sein. Aus dem Leben entf-ernt. Von der Nähe zu Gott, dem Ursprung allen Lebens entf-ernt sein. Von der Gesundheit entf-ernt sein.
Die Entf-ernung, die (Aus)Löschung, - [delete] - bedeutet also immer das genaue Gegenteil von Retten/schützen/speichern.

Ich mache mal mit noch einer Frage weiter: Wollen wir überhaupt gerettet werden? Blicken wir auf die Ereignisse in Newtown (Connecticut), so wäre die Antwort sicherlich ein Ja - ohne Zögern. Ein strahlender Held, der auftritt, den irre gewordenen Amokläufer in seine Schranken zu verweisen und alle 26 Opfer und das Leben des Täters selbst zu bewahren. Sehr heroisch!

Erinnert sich noch jemand an die Weihnachtspostkarte, die ich letztes Jahr an selber Stelle veröffentlicht habe? "Stille Nacht" von Michal Sowa.
Meine Deutung des Bildes war, dass es immer mehr Menschen gibt, die von den Geschehnissen in der Heiligen Nacht nichts (mehr) wissen wollen. Nicht: weil es sie nicht interessiert. Nicht mehr: weil sie die Geschichte auswendig aufsagen können, oder vielleicht enttäuscht wurden. Und kaum tritt ein Bote dieser Frohen Botschaft auf, wird er zur Wahrung der nächtlichen Ruhe ermahnt.

Was ist also die Antwort auf meine Frage nach der Rettung? Gerettet werden, will eigentlich jeder -es ist nur immer abhängig von wem?

Schauen wir in den biblischen Text über die Geburt Jesu, finden wir einen Absatz, den heutzutage jedes Jugendamt in helle Aufregung versetzen würde. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. Seit ich "Hilfe, die Herdmanns kommen" - meine Lieblingsweihnachtsgeschichte - kenne, betrachte ich mystische Texte zu gerne mal vollkommen sachlich. Darin spricht das jüngste, der missratenen Herdmann-Kinder aus, worauf es ankommt: Sie haben ihn in einen Futtertrog gelegt???
Fürchterliche Zustände, nicht wahr? Ein Neugeborenes in einem Futtertrog für Ochse und Esel. Hat mal jemand daran gedacht, welche Keime dort.....

Mein Pfarrer sprach gestern Abend in seiner Predigt davon, wo er selbst sich in dieser biblischen Szene von der Geburt Christi positionieren würde. Es sei ja kein Ereignis, dass einfach über 2000 Jahre in der Vergangenheit liegt. Die christlichen Kirchen feiern ja die Geburt Christi aus einem bestimmten Grund jedes Jahr aufs Neue. Jesus, und damit Gott, ist ja für die Menschheit selbst zum Menschen geworden. Also ist es auch selbverständlich, dass wir Menschen uns auch selbst zu diesem Ereignis dazustellen. Ganz bildlich vielleicht mit einer Spielfigur aus einem Mensch, ärgere dich nicht. "Dabei ist es jedem selbst überlassen, ob ganz dicht dran, oder lieber etwas abseits."

Ein guter Vorschlag, nicht nur für die Weihnachtstage. In der Heiligen Schrift steht nämlich weiter "weil in der Herbege kein Platz für sie war". Wo geben wir Menschen und insbesondere auch wir Christen heutzutage Gott und damit dem Jesus-Baby noch Platz in unserem Leben? Einmal pro Woche in der Sonntagsmesse? Öfter? Beim Gebet vor den Mahlzeiten?

Sich selbst in die weihnachtliche Szene zu stellen, stellt im Umkehrschluss auch Gott in die Szenen unseres Lebens.


Ich wünsche frohe und besinnliche Weihnachtstage, die vielleicht auch noch etwas weiter über den 6. Januar hinreichen mögen!

Heiligabend: Heute ist euch der Retter geboren

Aus dem Evangelium nach Lukas (Lk 2,1-14) 

In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl,
alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen.
Dies geschah zum ersten Mal;
damals war Quirinius Statthalter von Syrien.
Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.

So zog auch Josef
von der Stadt Nazaret in Galiläa
hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt;
denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids.
Er wollte sich eintragen lassen
mit Maria, seiner Verlobten,
die ein Kind erwartete.

Als sie dort waren,
kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft,
und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen.
Sie wickelte ihn in Windeln
und legte ihn in eine Krippe,
weil in der Herberge kein Platz für sie war.

In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld
und hielten Nachtwache bei ihrer Herde.

Da trat der Engel des Herrn zu ihnen,
und der Glanz des Herrn umstrahlte sie.
Sie fürchteten sich sehr,
der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht,
denn ich verkünde euch eine große Freude,
die dem ganzen Volk zuteil werden soll:
Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren;
er ist der Messias, der Herr.

Und das soll euch als Zeichen dienen:
Ihr werdet ein Kind finden,
das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.

Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer,
das Gott lobte
und sprach:
Verherrlicht ist Gott in der Höhe,
und auf Erden ist Friede
bei den Menschen seiner Gnade.


Sonntag, 2. Dezember 2012

1. Advent: Mach's wie Gott...

»Der Diözesanrat der Katholiken und das Dezernat Seelsorge im Erzbistum Berlin verteilen als Einstimmung auf das Weihnachtsfest Postkarten mit der Einladung „Mach’s wie Gott, werde Mensch“.

Sie wollen damit in überraschendem und nachdenklichem Ton an den ursprünglichen Grund der Weihnachtsfreude erinnern, dass Gott Mensch geworden ist.

Die Postkarten werden im Stadtgebiet von Berlin über citycards in Kneipen, Museen und anderen öffentlichen Orten verteilt.
Sie sind auch erhältlich bei der Geschäftsstelle des Diözesanrats.«


(c) Pressestelle des Erzbistums Berlin, den 10. Dezember 2010 


Ich finde dieese unterschwellige und zugleich extrem gewichtige Forderung, Mensch zu werden, in unserer heutigen Zeit sehr treffend, packend und zu gleich unerfüllbar... Ursprünglich sprach mich einfach nur diese freche Ansage an, aber: Was heißt eigentlich "a mensch"?, wie Onkel Dolfo im Film Der Tango der Rashevskis fragt. 


Sonntag, 20. Mai 2012

SehnSucht

Schmerzliches Verlangen - so wird es beschrieben 
Ein Film von Wilma Pradetto und Eberhard Rühle 

Ein Wunsch, ohne die Aussicht auf Erfüllung - ein Wesen begehrenswert, weil unerreichbar, eine süße, sehnsüchtige Qual. Nie ist die Sehnsucht so ungestüm, wie in der Jugend: der erste Schwarm, das Gefühl, dass etwas fehlt, das Sich Sehnen nach Vollständigkeit.

Es gibt mit Sicherheit eine gerechtere und bessere Welt, denn sie existiert in unseren Gedanken, Fantasien und in unserer Vorstellung. Wir wollen das, was zu unserem Glück beiträgt, aber wir suchen es da, wo es nicht ist.
Unsere Sehnsüchte lassen uns fühlen,  dass uns etwas fehlt. Dieses diffuse Verlangen macht uns elendig. Gerade dann, wenn wir uns vollständig fühlen - aufgehoben in unseren Sehnsüchten - ist der Verlust dieses Gefühls schmerzlicher, als die Sehnsucht danach jemals war. Es riecht nach Verrat, wenn das Vertrauen zerbricht.

Die Sehnsucht sucht das andere, das, was fehlt. Die Sucht sieht nur sich selbst. So zerstört der Süchtige sich selbst, sein eigenes Bild. Und er zerstört die Beziehungen zu seinem Umfeld: er findet, was er nicht sucht und sucht, was er nicht findet. Was denen bleibt, die er verlässt, ist der Mangel.
Die Erinnerung an die Normalität, das Vertraute verwandelt sich in die verzehrende Sehnsucht, vergangenes zu tilgen.

Wenn die Sehnsucht unerfüllt bleibt, kann sie zu einem quälenden Begleiter werden. Leere, das Gefühl der Unvollständigkeit stellt sich ein. Die Einsamkeit wächst sich zur Schicksalsfrage aus.

Wenn das Sehnen nur noch um sich selbst kreist, dann verliert es sein Ziel aus den Augen und es beginnt jeden Gedanken zu besetzen, jede Nische zu okkupieren. Es verliert sich im bodenlosen.
Es beginnt ein Teufelskreis, der die Erfüllung der Sehnsucht sogar verhindert.

Sehnsucht ist der bohrende Stachel in unserer Selbstgenügsamkeit. Sie lässt uns von einem besseren Leben träumen. Sie ist die ständige Suche nach der Vervollständigung und erinnert uns daran, nicht im Alltäglichen zu versinken.
Sehnsucht ist ein Raum der Möglichkeiten. Voller Hoffnungen und Wünsche, sie duldet keine Unvollkommenheit. Jegliche Kritik an der Wirklichkeit setzt zweifellos schon die Sehnsucht einer möglichen Vollkommenheit voraus.
Sehnsucht ist das Warten auf das erhoffte Ereignis, die leere Zeit dazwischen. In der Vorfreude sind noch alle Möglichkeiten vorhanden.

Wir sehnen uns danach, im Einklang mit unseren Gedanken und Wünschen zu leben. Deshalb malen wir uns, in bunten Farben sehnend, unsere zukünftige Wirklichkeit. Um sie hier und jetzt auf ihre Tauglichkeit zu prüfen.
Wir leben strebend, nach vorne denkend, das Vergangene nutzend, die Zukunft erträumend und die Gegenwart ertragend.

Die Sehnsucht nach Geborgenheit macht stark, sie verbündet sich mit dem Willen und der Arbeit gegen die Lebensangst - und so träumt man sich von Tag zu Tag und sehnt sich nach einem besseren Ausgang. Doch darin ist auch ein Teil schaler Furcht vor dem Verlust. Wenn der Boden wankt und man nicht wissen will, warum, dann ist Platz für Angst. Wird sie bestimmt, dann wird aus sehnen Furcht.

Die Sehnsucht gehört zum Menschen. In ihr geht er über diese Welt hinaus. Wer die Sehnsucht verdrängt, gerät in Sucht; gesund wird er nur, wenn er seine Sucht wieder in Sehnsucht verwandelt.

Wenn sich nach einer langen Zeit des Wartens ein Traum erfüllt, dann ist das Gefühl des Glücks besonders stark und nahe. Doch wie lange lässt es sich festhalten?

Plötzlich ist die Angst wieder da, der erneut aufgeflammte Traum könnte unerreichbar sein. Wo gerade noch Glück war, entsteht wieder Leere. Das Sehnen schlägt um in zwanghaftes Suchen nach Erfüllung. Es will wiederholt werden. Wieder... und wieder.

Die Sehnsucht vermischt sich mit dem Möglichen. Sie eilt dem Leben voraus und sucht in Tagträumen und den Rissen der Wirklichkeit nach dem, was fehlt. Sie findet das, was sein könnte, und weist über das, was schon ist, hinaus.


(c) 3sat & ZDF 2012

Sonntag, 15. April 2012

Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit: Ein paar Gedanken

"Friede sei mit euch!", mit diesen Worten begrüßt Jesus zehn von zwölf Jüngern. Warum wünscht er Frieden und nicht gute Gesundheit, oder viel gebräuchlicher einen Guten Tag?

Der auferstandene Jesus wünscht Frieden als besonderes Geschenk. Wir wissen alle, dass sich der Frieden nicht einfach so erlangen lässt. Man muss lange Zeit nach dem Frieden streben - nach Frieden mit Gott, mit den Menschen und mit sich selbst.

Grad diese letzte Dimension des Friedens ist möglicherweise die, die am schwersten zu erlangen ist. Ich habe tagtäglich mit einer Vielzahl äußerst unterschiedlicher Menschen zu tun, jeder kommt mit Schmerzen zu mir und erwartet, dass ich sie ihm nehme. Einige wissen, viele verdrängen, dass Schmerz und Leid aber nicht immer und nicht ausschließlich aufgrund von Verspannungen und Blockierungen in Muskeln und Gelenken entsteht.
Oft schmunzle ich, wenn mir dann Frau Meier im Halbscherz sagt, dass sie auch ziemlich was am Kopf haben muss. Da hat sie für einen kleinen Moment Einblick in ihr Seelenleben und stellt fest, wie fest nicht nur ihr Körper in falscher Bewegung hängt, sondern auch, wie fest Seele und Herz an Problemen kleben und wie wenig sie davon los kommt. Oftmals wollen Frau Meier und Herr Schulz das auch gar nicht. Denn nach anatomischen und biomechanischen Lösungen zu suchen, ist häufig angenehmer, als sich den eigenen Dämonen zu stellen.

Körper und Geist bedingen einander, das sagte ich meinen Patienten sehr häufig. Und bin ich mit mir selbst nicht im Reinen, kann ich auch für niemand anderen da sein und ihm versuchen Zuversicht und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu geben. Da fehlt mir also der innere Frieden...

Sehr häufig erzählen mir Atheisten, Agnostiker und auch "gestandenen" Christen, dass sie auf ein Zeichen von Gott gewartet haben, aber nie etwas von ihm bekommen haben. "Also kann es auch keinen Gott geben!"
Für mich selbst habe ich entdeckt, dass es wohl an der Art des Bittens und des Betens liegt. Wir hoffen auf die Tat eines "allmächtigen Gottes" - was, wenn es ihm gar nicht gibt? Der griechische Originaltext des Vater Unser spricht nämlich von einem "allherrschenden Gott".
Ich weiß nicht, wie es zu diesem Übersetzungs"fehler" gekommen ist, vermutlich lagen die zu übertragenden Worte sehr eng bei einander in ihrer Bedeutung. Ist es nun ein "Himmel" oder das "Firmament"?

Ich habe also nach einem Ausweg gesucht, der mit der christlichen Theologie vereinbar ist. Ob nun neurophysiologisch nachweisbar oder nicht, gab Gott den Menschen einen freien Willen. Die Bitte "Gott, mach, dass ich nicht in der Klausur durchfalle", wäre also böser Verstoß gegen das Recht auf Selbstbestimmung, dass uns sogar per Verfassung und Menschenrecht zugesichert wird. Was verlangen wir da?
Bei mir fand ein Umdenken statt, hin zu einem Beten, dass sehr viel persönlicher und egozentrischer ist. Wie geil! Seit einigen Jahren schon bitte ich Gott, dass er mir nur beisteht. Und in diesem Vertrauen kann ich dann meine Probleme selbst bewältigen. Das ist zwar nicht der Stein der Weisen, aber es schafft einen Frieden mit Gott, weil Schöpfer und Geschöpf nun nicht mehr vor unlösbaren Aufgaben stehen.
Habe ich nicht als "intelligentestes Wesen auf der Erde" alle Mittel, um meine Probleme selbst in den Griff zu bekommen - mangelt es mir nicht einfach nur am nötigen Selbstvertrauen? Da ist es gut, wenn jemand an uns glaubt. So schließt sich der Kreis des Glaubens an Gott, ich glaub an ihn und er glaubt an mich.

Denke ich an Frieden mit den Menschen, denke ich auch an Abhängigkeit von der Gnade der anderen. Das Leid des Opfers ist abhängig vom Maß der (Un-)Gnade des Täters. Der Schüler ist abhängig vom Wohlwollen des Lehrers. Die Tochter ist abhängig vom Taschengeld ihrer Eltern. Und die Weltwirtschaft ist abhängig von der Maßlosigkeit der Banker.
So oft kommen wir in Situationen, denen wir dem anderen im Großen oder im Kleinen Gewalt antun und uns ihm gegenüber ungerecht verhalten. Und so oft ziehen unsere Taten eine genau so grausame Unumkehrbarkeit unseres Handelns mit sich. "Wie gern würd ich das ändern! Wie gern hätt ich eine Zeitmaschine!"
Auch hier wünscht und schenkt Jesus seinen Jüngern Frieden. Denn er wusste wohl auch, wie viel Leid sie um seines Namens willen noch werden erdulden müssen. Leid, dass ein Mensch einem anderen Menschen zu fügt.
Das ist heute nicht anders. Und wir sind heute keine anderen Jünger als die Zwölf Apostel und eine Schar an Gläubigen aus Frauen, Kindern und Männern unterschiedlichster Berufe, sozialer Schichten und Ethnien.

Vorhin sprach ich von Atheisten, Agnostikern und gestandenen Christen, die von Gott enttäuscht wurden. Vielleicht ist da das heutige Evangelium der beste Text. Inoffiziell wird diese Perikope auch "Die Geschichte vom ungläubigen Thomas" genannt. Die klassische, theologische Lesart deutet diesen Text als den von einem Zweifler. Thomas kann die Auferstehung - obwohl seine Freunde ihm davon berichten - nicht fassen. Für ihn wird sie durch ein Anfassen fassbar. Er muss sehen, er muss spüren, dass der Jesus, den er am Kreuz hängen und sterben gesehen hat, wirklich wieder am Leben ist. Also stellt er die Bedingung: "Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht."

Damit ist Thomas praktisch DAS Bild des modernen, aufgeklärten Menschen. Erst das, was sich als existent offenbart, ist auch real. So bleiben wir frei von Enttäuschungen.
Doch Thomas erhält dadurch noch eine Erkenntnis. Er sieht nicht nur, dass Jesus lebendig ist, er erkennt ihn als Gott. [vgl. Dreieinigkeit]
Die jüdisch-christliche Tradition versteht in dem Wort "erkennen" das Begreifen (Meine Wortwahl ist heute auch wieder sehr realistisch angelegt...) eines anderen Menschen in seiner kompletten Existenz. Adam und Eva erkannten sich. Das ist nicht nur ein prüdes Wort für Sex. Beide Partner hatten von diesem Moment an keine Geheimnisse mehr vor einander. Sie waren nackt voreinander, und jeder nahm den anderen völlig bedingungslos mit allen Fehlern und allen Talenten an.

Seit ich den Atheismus als Glauben begriffen habe, verstehe ich ihn auch zu sehens. Denn auch die Verneinung eines Gottes bleibt letztendlich nur eine Annahme.
Aber war Thomas ein Atheist? Bestimmt nicht. Vor einigen Jahren fragte mein Diakon mich nach einer Andacht mal, warum Thomas gezweifelt hat. Denn ich wollte von ihm wissen, warum ich Thomas und den Atheismus so oft zusammen bringe.
Versetzen wir uns einfach mal Thomas' Lage: Er ist Teil einer Gruppe, die sich um einen Mann versammelt, der behauptet hat, der Sohn Gottes zu sein und die Menschheit - damals speziell die jüdische Gemeinde - zu befreien. Dieser Mann, Jesus, tat Wunder: er hat Kranke geheilt und sogar drei Menschen ins Leben zurückgerufen. Und dann wird dieser "Heiland" gefangen genommen, gefoltert und mit einem Balken an einen Stamm genagelt. Und dort ist er - für die damalige Zeit - auf schlimmste Art und Weise verreckt.

Kann man sich die Wut, die Trauer, das Leid und den Schmerz vorstellen, die Thomas empfunden haben muss?

Und dann kommen zehn Männer an, denen es genauso ergangen sein mag und die sich in einem stickigen Raum eingeschlossen hatten, und behaupten, dass dieser wahnsinnig tolle Mensch Jesus wieder leben soll? Der, der doch tot ist?
Ganz bestimmt sind sie einer Massenhysterie erlegen. Eine ganze Woche in einem einzigen Raum? Kein Wunder, dass sie Gespenster gesehen haben!!! Gut, dass ich nicht da war.
Aber was, wenn sie doch Recht haben? Immerhin, sie reden von Jesus! Und diese Zehn sich ja auch nicht irgendwer...
Thomas wünscht sich den Frieden zurück, den er immer empfunden hat, als er mit Jesus unterwegs war und er beschließt zu vertrauen.

"...sei nicht ungläubig, sondern gläubig!"

Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit: Frieden und Glauben

Aus dem Evangelium nach Johannes (Joh 20,19-31)

Am Abend dieses ersten Tages der Woche,
als die Jünger aus Furcht vor den Juden
die Türen verschlossen hatten,
kam Jesus,
trat in ihre Mitte
und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!
Nach diesen Worten
zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite.
Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen.

Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch!
Wie mich der Vater gesandt hat,
so sende ich euch.
Nachdem er das gesagt hatte,
hauchte er sie an
und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!
Wem ihr die Sünden vergebt,
dem sind sie vergeben;
wem ihr die Vergebung verweigert,
dem ist sie verweigert.

Thomas, genannt Didymus - Zwilling -, einer der Zwölf,
war nicht bei ihnen, als Jesus kam.
Die anderen Jünger sagten zu ihm:
Wir haben den Herrn gesehen.
Er entgegnete ihnen:
Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe
und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel
und meine Hand nicht in seine Seite lege,
glaube ich nicht.

Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt,
und Thomas war dabei.
Die Türen waren verschlossen.

Da kam Jesus,
trat in ihre Mitte
und sagte: Friede sei mit euch!

Dann sagte er zu Thomas:
Streck deinen Finger aus
- hier sind meine Hände!
Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite,
und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!

Thomas antwortete ihm:
Mein Herr und mein Gott!
Jesus sagte zu ihm:
Weil du mich gesehen hast, glaubst du.
Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

Noch viele andere Zeichen,
die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind,
hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan.
Diese aber sind aufgeschrieben,
damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist,
der Sohn Gottes,
und damit ihr durch den Glauben
das Leben habt in seinem Namen.

Dienstag, 13. März 2012

Ad acta Urheberrecht

Warum ACTA-Gegner Internet-Egoisten sind
Von Markus Reiter


Lassen Sie mich mit einer persönlichen Geschichte beginnen: Vor einiger Zeit habe ich ein Buch mit dem Titel "Dumm 3.0" veröffentlicht. Darin verteidige ich unter anderem die Grundprinzipien des geltenden Urheberrechts. Schon recht bald wurde mir daraufhin in vielen Blogs und Einträgen in Internetforen entgegengehalten: Das Urheberrecht sei von gestern. Es passe nicht in die "Kultur des Teilens", die sich im Internet etabliert haben.

Im Grunde sei es eine Unverschämtheit, wenn ich erwarten würde, dass Menschen für den Kauf meines Buches Geld ausgeben. Meine Gedanken seien für alle da. Schließlich fußten sie auf den Gedanken früherer Generationen, derer ich mich bediene. Wolle ich künftig mit geistigen Leistungen Geld verdienen, solle ich meine Bücher einfach kostenlos ins Internet stellen. Dadurch erweckte ich das Interesse anderer und könnte für Vorträge und Lesungen Honorar kassieren.

Kurz nach Erscheinen des Buches luden mich mehrere Internetvereine zu Podiumsdiskussionen und Vorträgen ein. Allerdings, so beschied man mir, könne man mir leider kein Honorar zahlen. Das sei aber sicherlich nicht so schlimm. Immerhin sei der öffentliche Auftritt Werbung für mein Buch. Diese Anekdote entlarvt die Verlogenheit in der Debatte um das Urheberrecht.

Junge Menschen kommentieren nicht nur in Blogs, sie demonstrieren sogar in vielen Großstädten gegen das internationale ACTA-Abkommen. In ihrem eigenen Selbstverständnis sind sie Freiheitskämpfer. Sie sehen sich als Aktivisten, die sich einer bösen Verwertungsindustrie und einem überwachungstrunkenen Polizeistaat entgegenstellen.

In Wirklichkeit sind sie Egoisten, die für ihr vermeintliches Recht auf Raubkopien auf die Straße gehen. Sie betreiben üble Camouflage, indem sie die Musik von Lady Gaga, den jüngsten Hollywood-Streifen und das coole Videospiel zum Erbe der Menschheit und deren kostenlosen Download zum Menschenrecht erklären.

Bis vor kurzem hatte ich mein Büro in einem Kreativzentrum. Dort arbeiteten viele junge Grafikdesigner, Musiker, Musikproduzenten, Modeschöpfer, Journalisten, Autoren und Internetprogrammierer. In diesem Kreis habe ich nur sehr wenige Menschen getroffen, die das Urheberrecht über Bord werfen wollen. Kein Wunder: Sie sind nicht nur Nutznießer kreativer Leistungen. Und sie müssen Brot, Milch, ihre Miete und den Latte Macchiato mit den Erlösen ihrer geistigen Arbeit bezahlen.

Diesen Kreativen ist eine angebliche "Kultur des Teilens" im Internet zu Recht suspekt. Einer Kultur, der es in erster Linie darum geht, anderer Leute geistiges Eigentum ohne Bezahlung zu teilen. Niemand darf daran gehindert werden, seine Werke der Menschheit zu schenken. Aber niemand sollte dazu gezwungen sein.

Diejenigen, die das Urheberrecht für überholt halten, argumentieren: "Pech gehabt! Euer Geschäftsmodell ist eben durch das Internet zusammengebrochen. Sucht euch ein neues!" Es geht aber nicht um ein Geschäftsmodell, sondern um eine Rechtsordnung.

Ein Vergleich: Wenn Kaufhäuser in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, weil die Konsumenten lieber im Internet einkaufen, mag das für die Mitarbeiter und für die Innenstädte bedauerlich sein - aber es ist eben nur das Ende eines Geschäftsmodells. Wenn man aber plötzlich das Prinzip in Frage stellen würde, überhaupt Waren gegen Aussicht auf Profit zu verkaufen, hätten wir ein Problem - und recht bald eine Mangelwirtschaft.

Die Urheberrechts-Piraten sollten endlich aufhören, sich zu Freiheitskämpfern zu stilisieren. Sie sind von Gier getriebene Egoisten, denen es darum geht, auch in Zukunft kostenlos Filme, Musik, Videospiele und Bücher aus dem Netz herunterzuladen. Das zuzugeben, wäre zumindest mutig.



Markus Reiter arbeitet als Schreibtrainer, Journalist und Publizist. Er studierte Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Geschichte an den Universitäten Bamberg, Edinburgh und FU Berlin. Unter anderem war er Feuilletonredakteur der FAZ und schreibt Bücher über Kultur, Sprache und Kommunikation.

(c) Deutschlandradio Kultur, Politisches Feuilleton

Mittwoch, 29. Februar 2012

Lese man(n) doch... - Die Rezension Nr. 3

»Wenn man der gesunde Zwillingsbruder eines Schizophrenen ist und sich selbst retten will, hat man das Problem, dass einem hinterher Blut an den Händen klebt – die kleine Unannehmlichkeit, einen toten Doppelgänger zu seinen Füßen liegen zu haben. Und wenn man sowohl an das Überleben des Stärkeren glaubt, als auch überzeugt ist, man müsste seines Bruders Hüter sein – weil man es seiner Mutter auf dem Sterbebett versprochen hat –, dann lebe wohl Schlaf und willkommen Mitternacht. Schnapp dir ein Buch oder ein Bier. Gewöhn dich an David Lettermans auseinanderstehende Zähne, an den Anblick der Schlafzimmerdecke oder an das Zufallesprinzip der natürlichen Auslese. Glaubt einem Gottlosen, der an Schlaflosigkeit leidet. Glaubt dem nicht verrückten Zwilling – dem Burschen, der dem biochemischen Schlamassel entkam.«


Zuhause habe ich eine alte Leseprobe von Früh am Morgen beginnt die Nacht. Sie stammt von einem Buch-Club, der diese und einige andere zu Promotionzwecken herausgab. Mein Bruder hatte sie, und die meines Lieblingsromans, mal für unsere Mutter besorgt. Ich habe mir beide in der zweiten Januarwoche mal zu Gemüte geführt und war ja eigentlich hellauf begeistert. Eine spannende Handlung von einem Zwillingspaar, von dem der eine psychisch nicht ganz einwandfrei zu sein schien. Und dann noch als kleine Zugabe in dem Buch: es spielt unter anderem im Jahr 1990, dem Jahr der Golfkriese. Der kranke Zwilling sprach sehr kritisch über die Geschehnisse. Wie auch schon aufmerksame Zuschauer bei "Ein Herz und eine Seele" bemerkt haben dürften, haben beide Schöpfungen auch in der heutigen Zeit noch erschreckende Aktualität.

So also mein erster Eindruck. Aber weitgefehlt, die Leseprobe verstand es sehr gut, den Leser auf eine falsche Fährte zu locken. Bei weiteren Recherchen - denn so ein Buchkauf will gut überlegt sein (Kostet ja Geld, ne?) - stellte ich fest, dass die bisher vermittelte Plaudertonart sehr viel düstere Züge verbürgt.
Worum geht es also in dem Roman? Es warten viele Baustellen auf. Das Buch beginnt mit Thomas Birdsey, dem eingangs erwähnten Paranoiden. Er betritt die Stadtbücherei von Three Rivers, Connecticut. In einer der hinteren, verlassenen Nischen schlägt er sich seine rechte Hand ab. Sauber, ohne einen Rückzieher. Es war eine religiöse Tat, wird er ein paar Seiten später seinem Zwillingsbruder anvertrauen. Ziel war es, den ersten Irakkrieg zu verhindern.
Der Zwillingsbruder Dominick ist zugleich auch der Ich-Erzähler der Geschichte. In seinen Darlegungen und seinen zahlreichen ironischen, bisweilen auch sarkastischen Kommentaren habe ich viele Ähnlichkeiten zu mir entdeckt. Ich mag auf sich selbst angewandten Zynismus.
Dominick ist gezeichnet von zahlreichen Problemen. Sein Bruder war schon vom Anfang an der schwächere von beiden, wird er uns anvertrauen. Ihn musste Dominick vor ihrem, von Wutausbrüchen geplagten, Stiefvater beschützen. Später, als sich Thomas’ Krankheit immer mehr herauskristallisiert, geht dieses Beschützen weiter, bis in die Gegenwart des Romans. Verbunden mit alle den Problemen und Einschränkungen, die Dominick mal bereitwillig, mal widerwillig hingenommen hat oder auch hinnehmen musste. Ich sage nur Scheidung.
Aber Dominicks Familie besteht aus noch mehr Mitgliedern. Seine krebskranke Mutter, die es ihr ganzes Leben lang nicht fertigbrachte – zum Leidwesen von Dominick – ihm den Namen seines leiblichen Vaters anzuvertrauen. (Als Kind – und auch als Erwachsener – hoffte er immer, eine der Heldengestalten, ein Cowboy aus dem Fernsehen, kommt um ihn, seinen Bruder und seine Mutter vor dem tyrannischen Ray zu retten.) Ray Birdsey ist Dominicks Stiefvater. Er arbeitet bei der Electric Boat Werf, einem der größten Arbeitsgeber der Region. Irgendwie hat er Ray und sich selbst immer als ein Team, seine Mutter und Thomas als das andere Team aufgefasst. Der Autor stellt das mit einer tragischen Schicksalswendung besonders heraus.

Wally Lamb bedient sich mehrerer erzählerischer Werkzeuge. Er rollt die gesamte Geschichte unseres „Helden“ – fast mag man meinen: Antiheld – auf. Und so erzählt er die Kinderzeit in kurzen einfachen Sätzen und steigert sich dann in Zeitsprüngen zu längeren Passagen, dem Geschichtslehrer Dominick Birdsey gerecht werden. Später lässt Dominick die Lebensgeschichte seines Großvaters, dem er seinen Namen verdankt, übersetzten. Es war als ein letztes Geschenk an seine Mutter gedacht, die dem Tod immer näher rückte. Doch erst Jahre später bekommt er die Übersetzung in die Hände, da es einen äußerst unglücklichen Zusammenstoß mit der Übersetzerin gab. Nedra Frank fand gefallen an Dominick, ihr sexuelles Verlangen blieb aber verletzend unbeantwortet.
Obwohl Dominicks Großvater ein selbstgerechter Mistkerl par exellance war, muss ich ihm eins lassen: seine eingebildete Strebsamkeit hat in mir Ehrgeiz geweckt und mir einige gute Noten in der Ausbildung eingebracht. Es ist ein eigenartiger Weg, den das Schicksal da gewählt hat.

Der Professor für Kreatives Schreiben, Wally Lamb, versteht es außerordentlich gut, die menschlichen Abgründe allein durch Worte auszuloten. Und er scheint ebenfalls eine Leidenschaft für runde Angelegenheiten zu haben. Alle Baustellen, die er im Laufe des Romans eröffnet, werden spätestens zum Ende des Romans geschlossen. Durch die mehrmaligen Wechsel zwischen Gegenwartserzählungen und Rückblicken in die Vergangenheit werden die 891 Seiten der Handlung kurzweilig und man hat immer wieder Lust, den schweren Wälzer vom Nachttisch zu nehmen und sich mit jeder Seite eine weitere der zahllosen Facetten der Grundhandlung zu erschließen.
Wo ich am Anfang noch der Meinung war: „Das kann doch keine Familiensaga sein!“, wandelte sich diese Einschätzung spätestens auf den letzten hundert Seiten. Dabei aber fernab vom Rosamunde-Pilcher-Kitsch. Und auch die vielen Figuren stören nicht.

Ich kann dieses finstere und zugleich erfüllende Buch eigentlich nur jedem empfehlen, der das Lesen liebt.

Fernsehen, oder doch lieber Bücher?
Alexander Hagen




Wally Lamb - Früh am Morgen beginnt die Nacht Titel der Originalausgabe: I Know This Much Is True (1998) Aus dem Amerikanischen von Heinrich Koop und Franca Fritz
Verlag: List Tb.
Taschenbuch, 1008 Seiten
ISBN: 3548610277

Samstag, 18. Februar 2012

Kardinal ist man nicht für sich allein

„Jetzt macht der Woelki Karriere, erst Erzbischof in der Hauptstadt, dann Gastgeber für den Papst und jetzt auch noch Kardinal, mal sehen was noch kommt!“ - so oder so ähnlich rauscht es im Blätterwald, seit mich der Heilige Vater am 6. Januar in das Kardinalskollegium berufen hat. Und dann bin ich auch noch der Jüngste im Kreis der Kardinäle! Übrigens: Auch eine interessante Erfahrung, mit 55 Jahren noch einmal in einer Runde der Jüngste zu sein.

Aber der Woelki macht keine Karriere! Ich bleibe, wofür ich nach Berlin gekommen bin: Erzbischof von Berlin – für die Berlinerinnen und Berliner. Und auch den Titel Kardinal nehme ich nicht für mich persönlich.

Berlin ist neben Köln und München das dritte deutsche Bistum, das traditionell mit der Kardinalswürde verbunden ist. Wenn der Berliner Erzbischof also jetzt Kardinal wird, dann ist das vor allem auch eine Auszeichnung für die Berlinerinnen und Berliner, für die deutsche Hauptstadt und für die Katholiken, die in der DDR ihren Glauben bekannt und von Christus Zeugnis gegeben haben.

Am Karnevalswochenende werde ich in Rom offiziell unter die Kardinäle aufgenommen, ab dann trage ich einen roten Talar.

Ich glaube nicht, dass mir rot besonders gut stehen wird. Die rote Farbe wurde aber auch nicht aus modischen Überlegungen ausgewählt. Die Farbe Rot ist eine ernste Sache, sie steht für das Blut der Märtyrer, die für ihre Glaubensüberzeugung gestorben sind. Märtyrer, das heißt zu Deutsch Zeugen. Und Zeugen für seinen Glauben zu sein, dafür muss man nicht Kardinal werden und einen roten Talar tragen. Dazu ist jede und jeder aufgerufen!

Auch insofern nehme ich die Auszeichnung nicht nur für mich an. Die Kardinalswürde bedeutet für einen Bischof auch Verantwortung, ja manchmal sogar Last. Deshalb bitte ich alle, mir diese Last zu erleichtern und mich in der Verantwortung für Kirche und Glauben in Berlin zu unterstützen.



Erzbischof Dr. Rainer Maria Woelki
Was würde Jesus dazu sagen? - B.Z. Kolumne
12. Januar 2012

Quelle: erzbistumberlin.de

Wir sind Zeugen


Der Schild vereint in der Sprache der Heraldik das Wappen des Berliner Erzbistums mit dem persönlichen Wappen des Kardinals. Die Felder 1, 2, 3 und 4 zeigen die Wappen der vorreformatorischen Vorgängerdiözesen Brandenburg, Havelberg, Cammin und Lebus. Im Schildfuß verweist das sogenannte Rad des hl. Bruders Klaus auf das Patrozinium der Heimatpfarrei des Kardinals in Köln-Mühlheim. Drei der sechs "Speichen" (Strahlen) des Meditationsrades gehen von der Mitte aus, so wie sich Gott in Liebe den Menschen zuwendet; drei "Speichen" weisen den umgekehrten Weg, sie führen zu Gott, der auf die Antwort derer wartet, die ihn lieben.
Begleitet wird der Schild von den heraldischen Insignien des Erzbischofs: dem goldenen Doppelkreuz und dem silbernen Pallium - einer ringförmigen mit 6 schwarzen Kreuzen belegten Wollstola, von der jeweils ein bleibeschwertes Endstück herabhängt - sowie dem roten Kardinalshut mit je fünfzehn Quasten. Das Schriftband trägt die Devise "Nos sumus testes (horum verborum)" aus Apostelgeschichte 5,32 und lautet übersetzt: "Zeugen dieser Ereignisse sind wir" oder mit den Worten des II. Vatikanischen Konzils über die Hirtenaufgabe der Bischöfe "Zeugen Christi vor allen Menschen" (Christus Dominus, 11).



Seiner Eminenz, Erzbischog Dr. Rainer Maria Woelki, herzlichen Glückwunsch zur Erhebung in die Kardinalswürde!

Dienstag, 31. Januar 2012

Happy Birthday

Phil Glass zum 75ten!

Philip Glass gilt als Mitbegründer der Minimal Music und ist damit einer der bedeutendsten zeitgenössischen Komponisten. Mit seiner Musik überzeugt er sowohl Fans der neuen Musik als auch den Mainstream. Am 31. Januar hat er seinen 75. Geburtstag gefeiert.

Auch wenn Glass bereits als Kind musikalisch gefördert wurde, studierte er zunächst Mathematik und Philosophie. Er beschäftigte sich intensiv mit der atonalen Zwölftonmusik. Erst danach schloss er ein Musikstudium an, komponierte dann vor allem für das Theater.

In Paris lernte er den indischen Sitarspieler Ravi Shankar kennen und begeisterte sich sowohl für die fernöstliche Musik wie auch den Buddhismus. Nach seiner Rückkehr in die USA gründete er 1970 das eigene Philip Glass Ensemble, mit dem er seine Stücke regelmäßig der Öfefntlichkeit präsentieren konnte. Zu der Zeit entwickelte er seinen minimalistischen, monoton-repititiven Stil, zunächst für einen kleinen Fankreis. Um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, jobbte er auch als Taxifahrer oder Möbelpacker.

1976 gelang Glass gemeinsam mit dem Multimediakünstler Robert Wilson der Durchbruch mit der Oper "Einstein on the Beach". Seine weiteren Opern "Echnaton" und "Satyagraha" waren genauso erfolgreich. Glass komponierte auch für Filme - vom Arthouseprojekt bis zu Blockbustern wie "The Truman Show", für deren Musik er den Golden Globe erhielt. Für "Truman Show" und Martin Scorseses "Kundun" wurde Glass auch für den Oscar nominiert. Mit mehr als 20 Opern, einem Dutzend Sinfonien, 30 Filmen, Balletten und Kammermusik ist Glass einer der produktivsten Komponisten überhaupt.

(c) klassikradio.de

Donnerstag, 5. Januar 2012

WULFF oder BILD? Was wollen wir?

Von keinem anderen Präsidenten haben wir je mehr verlangt als von Herrn Wulff!
Einer mit zweifelhaftem Ruf schreit ihm laut zu: Los, Hosen runterlassen!
Alle schreien: Ja!

Der Bundespräsident hat in beispielloser Weise die Hosen herunter gelassen oder besser... lassen müssen!

Der angebliche Skandal um unseren Präsidenten ist viel mehr ein Skandal unserer maroden und degenerierten Presse und Mediengesellschaft.

Und dieser hochgejubelte und herbeigeredete Skandal kann unsere Demokratie nichts weniger als den Kopf kosten !

Mal ehrlich, nimmt irgendwer der BILD Zeitung ernsthaft ab sie sei an Wahrheit, Anstand und ehrlicher oder gar lupenreiner Aufklärung interessiert?

Seit wann, bitte?

Der Bild geht es nur um so viel Auflage und Skandal wie eben möglich. Ausgerechnet die Bild mutiert nun zum obersten Moralhüter und zum reinen Gewissen der Nation!?!?

Armes, ganz armes Deutschland!

Die Frage, die sich hier stellt, lautet nicht :Wulff oder ein Neuer? sondern vielmehr :

Wulff oder BILD? Wie soll Deutschland in Zukunft aussehen?

Ich bin eindeutig für Wulff!!!

Was hat dieser arme Präsident eigentlich verbrochen? Er hat sich Geld geliehen, nicht etwa geklaut, veruntreut oder unterschlagen. Nein, geliehen! Um sich ein Haus zu kaufen, keine Jacht oder einen Jet. Ein normales-nach meinem Geschmack- eher langweiliges Haus in Hannover!

Zu einem günstigen Zinssatz, ja so ein übler Kerl!

Dann hat er ein Upgrade einer Fluggesellschaft für einen Urlaubsflug akzeptiert? Wie masslos kann einer sein !

Er soll gefälligst Holzklasse fliegen und seine Thrombose-Strümpfe anziehen! Was glaubt er wer ist, der Herr Wulff,... der Kaiser von China oder gar der 1. Mann in unserem Staate?

Und dann brüllt er auch noch einen grossartigen, verdienten und gradlinigen Journalisten wie den Kai von der BILD am Telefon an und will ihm verbieten kritisch und aufrichtig zu berichten!

Hallo????? Geht es noch?

Das kann unser Präsident gar nicht verbieten und das weiss er auch denn er ist nämlich schon volljährig auch wenn die Medien uns glauben machen wollen, er sei es nicht..... aber der Kai weiss das anscheinend nicht und heult sich bei seinen eigenen Redakteuren aus und berichtet tapfer gegen den Bundesdiktator Wulff an!!!

Aber darf ein Praesident in diesem Land sauer sein auf boulevardesken Enthüllungsjournalismus und unappetitliche Schnüffelei in seinem Privatleben? Darf er das oder nicht?Darf er Mensch bleiben angesichts einer unmenschlichen und gnadenlosen Presse? An seiner Stelle haette ich dem Kai nachts vor seiner Haustür aufgelauert und dem mal die Meinung gegeigt, was ich von so viel mangelnder Fairness und Gnadenlosigkeit halte.
Gut, seine Urlaubsreisen mit oder bei Herrn Maschmeyer hätte er sich sparen können. Da hätte er auch gleich mit oder beim Chefredakteur der BILD Urlaub machen können.

Zugegeben der Bundespräsident hat Fehler gemacht aber hat er sich strafbar gemacht oder unmenschlich gehandelt? Er hat seine Fehler eingeräumt und sich dafür öffentlich entschuldigt. So und nun? Kohl hat einen Demonstranten vor der Weltoeffentlichkeit zusammengeschlagen, Schroeder hat sich im Fernsehen hackevoll und live um Kopf und Kanzlerschaft geredet, Kiesinger war in der NSDAP. TJA, das waren anscheinend noch Staatsmaenner!Wenn der Bundespraesident jetzt geht dann geht der demokratische Konsens! Jedem potentiellen Nachfolger des Bundespräsidenten muss angesichts dieser hysterischen Debatte die Lust auf das Amt vergehen. Der Präsident muss unfehlbar sein. Gut, dann bleibt nur noch der Ratzinger und der kriegt sicher keinen Aerger mit dem Kai von der BILD seitdem die beiden ja nun Papst sind.

Herr Präsident, bleiben Sie im Amt und vor allem bleiben Sie Mensch!


Hape Kerkeling

Kerkeling, vorab

Hape Kerkeling: Solidarität mit Bundespräsident Christian Wulff!
Der Komiker und Entertainer veröffentlichte auf Facebook ein Plädoyer: „Bleiben Sie im Amt!“

Seit Tagen dreschen unzählige kritische Journalisten und Kommentatoren von renommierten Medien auf Bundespräsident Christian Wulff ein. Seit immer deutlicher sichtbar wurde, dass der zehnte deutsche Bundespräsident in kaum einer Hinsicht seinem Amt gewachsen zu sein scheint, ist eine ungeahnte Flut harscher Kritik über Wulff ergangen.

Auch der Versuch eines Befreiungsschlags durch ein abgeschirmtes Exklusiv-Interview mit den öffentlich-rechtlichen Medien ist gescheitert. Seit dem wird scheinbar alles noch viel schlimmer: Die Bild erhöhte nun wieder den Druck auf den Bundespräsidenten und forderte in einem Brief bereits, die sagenumwobene Mailbox-Nachricht veröffentlichen zu dürfen. Bild-Chef Kai Diekmann wollte so zeigen, dass der Bundespräsident auch im Interview vom Mittwochabend nicht die ganze Wahrheit gesagt hat. Wulff lehnte die Veröffentlichung ab. Mittlerweile haben sich die Beliebtheitswerte von Wulff dramatisch verschlechtert, wie Spiegel Online berichtete.

Das Onlinemagazin Telepolis fragt derweil schon ganz offen, wer Wulff denn nun ablösen und dem Amt zu neuem Glanz verhelfen soll: Helmut Schmidt, Harald Schmidt oder sollte ein Bürger durch eine Casting-Show gewählt werden?

Nun versucht der Entertainer Hape Kerkeling den Bundespräsidenten in Schutz zu nehmen. In einem langen Kommentar auf Facebook fragt er: „Wulff oder Bild?“ Kerkeling beklagt gegenüber dem riesigen Druck auf Wulff zur Ehrlichkeit und aufklärender Klarstellung: „Der angebliche Skandal um unseren Präsidenten ist vielmehr ein Skandal unserer maroden und degenerierten Mediengesellschaft.“

Wer nimmt der Bild-Zeitung ernsthaft ab, sie sei an Wahrheit, Anstand und ehrlicher oder gar lupenreiner Aufklärung interessiert, fragt Kerkeling weiter. Er ruft: „Armes, ganz armes Deutschland!“

(...) Der beliebte Entertainer und „Horst Schlämmer”-Darsteller erinnerte auch an Helmut Kohl, der Demonstranten geschlagen habe, und trotzdem noch Bundeskanzler blieb. Und sein Amtsvorgägner Kurt Kiesinger war in der NSDAP, so Kerkeling. „Tja, das waren anscheinend noch Staatsmänner!“

Kerkeling forderte: „Wenn der Bundespräsident jetzt geht dann geht der demokratische Konsens!“ Denn jedem potentiellen Nachfolger müsste jetzt die Lust auf das Amt vergangen sein. „Der Präsident muss unfehlbar sein. Gut, dann bleibt nur noch der Ratzinger und der kriegt sicher keinen Ärger mit dem Kai von der Bild seitdem die beiden ja nun Papst sind.“

Schließlich macht Hape Kerkeling in seinem Plädoyer seine Haltung zum ehemaligen Gauck-Mitbewerber und „Pattexpräsidenten“ ganz deutlich: „Herr Präsident, bleiben Sie im Amt und vor allem bleiben Sie Mensch!“


Quelle: wissenrockt.de [bearbeitet]

Sonntag, 1. Januar 2012

Vom Neujahrsgruß

Grad wenn das neue Jahr erst fünf Minuten alt ist, beginnt es wieder: das Piepen und Summen der Mobiltelefone, die ihren Herrchen damit signalisieren wollen, dass ihnen von irgendwoher eine SMS-Nachricht unaufgefordert in den Speicher gestopft worden ist. Ob das dem Telefon Schmerzen bereitet, konnte bisher nicht nachgewiesen werden, aber es steht zu vermuten. Greift man dann fröhlich nach dem Handy lässt diese Fröhlichkeit ganz abrupt nach und ich denke mir: Oh nein, schon wieder so eine ein-Neujahrsgruß-SMS.

Mehr oder minder unpersönlich geschrieben und so formuliert, dass die Kurzmitteilung einfach mal ohne jedwede Änderung an das komplette Adressbuch gesendet werden konnte. Dabei war es offenbar irrelevant ob die Beziehung von jahrelanger Freundschaft geprägt ist oder ob es sich beim Absender um die Putzfrau handelt. Der Ton ist ohnehin herrlich unpersönlich gehalten. Und man fragt sich unweigerlich, reicht es, wenn ich mit „Danke“ antworte? Und schon schüttelt sich das kleine Gerät wieder… Hallo, ich wünsche Euch ein gesunde… *Löschen*

Ich hab mich entschieden keine Neujahrsnachrichten mehr zu beantworten, wenn nicht zumindest mein Name darin vorkommt. So viel Zeit muss schon sein. Diese Entscheidung hat aber Folgen, denn schon am 2. Tag des neuen Jahres sieht man sich mit einer ganz anderen Art von SMS konfrontiert. „Hallo, hast du meine Neujahrsgrüße nicht bekommen?“ Ja, man glaubt es kaum, es wird sich darüber beschwert, dass man keine Nullsinn SMS übers ganze Adressbuch verteilt hat. Klar könnte auch ich sowas schreiben wie: Neues Jahr und neues Hoffen, kann kaum tippen, bin besoffen, alles scheiße und liebe Grüße… Oh nein, ohne mich! OK, ich geb es zu, ich setze mich am 1.Januar auch nicht hin und rufe alle persönlich an, aber das würde einem sicherlich auch krumm genommen werden, wenn einem, grad wenn der Kater aus der Silvesternacht so schön von innen gegen die linke Schläfe hämmert, flüssige Konversation am Telefon abverlangt wird.

Das ganze ist auch ein klasse Vorsatz fürs neue Jahr. Keine Massen-SMS schreiben… ist auch sehr leicht einzuhalten. Mal davon abgesehen, dass ein großer Teil des SMS die Adressaten ohnehin nicht erreicht. So verschwinden jährlich 7% der gesendeten 23 Milliarden Kurzmittelungen in einem schwarzen Loch im Funknetz. O-ha, das macht dann für jeden deutschen Handynutzer ziemlich genau 300 SMS pro Jahr (das schaff ich locker in 2 Monaten) und freut den rosa Riesen und seine roten, blauen und grünen Kumpanen. Man stelle sich mal vor wir würden mal alle keine sinnlosen Kurznachrichten an Neujahr mehr schreiben… man könnte um Mitternacht auch mal seine Lieben anrufen und würde sogar durchkommen, weil die Server nicht mit Datenmüll überlastet wären, den eh niemand lesen will.

Aber wenn man es genau nimmt ist das Problem der Junk-SMS nicht nur an Neujahr zu beobachten. Sein wir ehrlich, es gibt ganz genau 3 Themen die für eine SMS wirklich geeignet sind. Zum einen die „Mama, ich komme später. Bitte stelle das Schnitzel warm“ SMS, dann die „ich bin in 10 Minuten zu Hause. Bitte liege lasziv auf dem Bärenfell“ SMS und die wichtigste „Morgen – 19.30 Uhr - bei mir - 3 Flaschen Rotwein – Horrorfilm“ SMS.

Für Silvester 08/09 wünsche ich mir jedenfalls einen Spamfilter, der auf „alles Liebe, guten Rutsch und hab euch alle lieb“ reagiert. Seid also nicht böse, dass ich keine SMS beantwortet habe, denn ich war eh zu besoffen zum tippen. In diesem Sinne… Prosit Neujahr!


R.E.