Sonntag, 12. Juni 2011

Das tägliche Pfingstwunder

Über die Pflege der deutschen Sprache
Von René Weiland


Es geht nicht nur um die Behauptung der deutschen Sprache als Wissenschaftssprache neben dem Englischen, sondern um die Frage, wie nah oder fern wir uns selbst sind, wenn wir sprechen oder schreiben.

Wenn Norbert Lammert, wortmächtiger Präsident des Deutschen Bundestages, darauf verweist, dass die Muttersprache der Nährboden präzisen Denkens sei, so betrifft das nicht bloß die Wissenschaften, sondern uns alle. Es reicht nicht, Deutsch als Sprache der Wissenschaften zu rehabilitieren, ohne, wie Lammert betont, die eigene Sprache zu pflegen. Was aber bedeutet "Pflege"? Zeugt nicht noch selbst solch Appell von einem instrumentellen Umgang mit Sprache, und sei es auch in bester konservativer Absicht, die Muttersprache als Integral unserer eigenen Kultur in Stand zu halten?

Sprache findet überall dort statt, wo wir uns als Wesen innewerden, die nicht schon sich und die Welt auswendig kennen, die vielmehr ihr Denken und Fühlen, ihren Weltbezug im Ganzen erst noch ausdrücken müssen. Unser Selbstverständnis als denkende Wesen ist nicht zu trennen von unserem Sprachvermögen. Diese Selbstverständlichkeit droht uns abhanden zu kommen in einer Weltmonokultur, die auf einem technoiden pidgin-english basiert. Immer wieder neu müssen wir uns als sich selbst ausdrückende Wesen wiedergewinnen. Dies geschieht jedoch nicht über sprachhygienische Regulierungen, als schlicht mit jedem subjektiven Denkakt.

Wenn wir denken, fassen wir die Wirklichkeit nämlich nicht nur sprachlich auf, wir fassen sie selber als sprachliche Wirklichkeit auf. Denkend wird uns alles unwillkürlich zu Sprache, selbst das, was nicht unmittelbar sprachlichen Charakter aufweist: Wir entziffern Mienenspiele und Gesten, lassen uns von Landschaften und Musik ansprechen, lesen nicht nur Zeitungen, sondern auch Aufbau und Züge eines Fußballspiels. Zu Sprache geworden, wird uns etwas Äußeres erst verständlich. Wir verstehen etwas, indem wir dieses Etwas unserem Inneren assimilieren.

Denkend ermitteln wir ein Verbindendes von Außen und Innen. Diese Ermittlung findet nicht nur in Sprache statt als einem x-beliebigen Medium, sie findet überhaupt erst dank Sprache statt. Die Sprache selbst ist nämlich das Verbindende von Außen und Innen. So verstanden, ist Sprache und Denken ein und dasselbe. Die Alten nannten diese Einheit den Logos. Er lässt uns unseren Weltbezug formulieren, wie er zugleich unser Selbstverhältnis klärt. Sprechend und denkend vermitteln wir sowohl unsere Erfahrungen mit der Welt als auch uns selbst in unseren Empfindungen und Ansichten, immer in der Hoffnung, sie auch Anderen nachvollziehbar machen zu können. Eben dies aber leisten wir nicht über Austauschmarken einer pragmatischen Lingua franca wie dem heutigen Allerweltsenglisch, sondern im Vertrauen auf das Verbindende innengeleiteten, authentischen Sprechens.

Ehe wir uns also, sei es aus wissenschaftspolitischen, sei es aus kulturpatriotischen Gründen für die deutsche Sprache stark machen, sollten wir unser Zutrauen in unser eigenes Sprachvermögen stärken. So meint Muttersprachlichkeit nicht nur die Sprache einer Nation, ihre kulturelle Identität, sondern vielmehr unsere persönliche Integrität als immer schon in Sprache Denkende und Fühlende. Dass wir prinzipiell über diese Integrität verfügen, davon erzählt die biblische Erzählung vom so genannten Pfingstwunder. Man könnte ihre Pointe dahingehend ins Alltagssprachliche übersetzen, dass wir den Anderen der Andersheit seiner Sprache zum Trotz verstehen können, wo wir ganz bei uns selbst sind - dass wir, je inniger wir uns selber auszudrücken verstehen, auch Anderen umso verständlicher werden. Wenn wir unsere Sprache pflegen, so pflegen wir nicht diese selber, wir pflegen unsere Fähigkeit, uns als geistig-emotionale Wesen zu artikulieren.


René Weiland, geboren 1957 in Berlin, ist langjähriger Mitarbeiter der RIAS-Funkuniversität. Letzte Buchveröffentlichungen: "Das Äußerste, was ein Mensch sein kann. Betrachtung und Gespräch über Thomas von Aquin" , sowie (zusammen mit Matthias Eckoldt): "Wozu Tugend? Über den Gebrauch eines missbrauchten Begriffs".

(c) Deutschlandradio Kultur, Politisches Feuilleton - 25.05.11

Mittwoch, 8. Juni 2011

The Gazette #1

Mittwoch, 01. Juni 2011

Bohl: Materielle Werte heute zu wichtig

Materielle Werte sind vielen heute zu wichtig. Dieser Auffassung ist Jochen Bohl, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Sachsen und stellvertretender EKD-Vorsitzender. Im Deutschlandradio Kultur sagte Bohl, man könne den Eindruck haben, das internationale Finanzsystem habe die demokratischen Staaten in Geiselhaft genommen. Den heute in Dresden beginnenden Evangelischen Kirchentag betrachtet Bohl als Gelegenheit, um über die Prioritäten im Leben zu reden.
(c) Deutschlandradio Kultur

Mittwoch, 8. Juni 2011

Obama überreicht Merkel die Freiheitsmedaille der USA

Bei einem Staatsbankett in Washington hat US-Präsident Obama Bundeskanzlerin Merkel mit der amerikanischen Freiheitsmedaille ausgezeichnet. Die deutsche Politikerin sei eine eloquente Stimme für Menschenrechte und Würde weltweit, sagte Obama im Weißen Haus. Er verwies auch auf ihr Streben nach Freiheit bereits in der DDR und auf ihren politischen Weg als erste Ostdeutsche und erste Frau an der Spitze der Bundesregierung. In ihrer Dankesrede sprach Frau Merkel von einem sehr bewegenden Moment. Die Auszeichnung sehe sie als Ausdruck der exzellenten deutsch-amerikanischen Partnerschaft an. Diese hatte Obama zuvor bei den Gesprächen mit der Kanzlerin als unverzichtbaren Pfeiler im internationalen Gefüge bezeichnet. Mit Blick auf Libyen betonte er, dass er davon überzeugt sei, dass Deutschland beim künftigen Wiederaufbau Verantwortung übernehmen werde.
(c) Deutschlandradio Kultur

Lettische Schüler lernen weiterhin, dass Homosexualität keine Krankheit ist

"Homosexualität ist keine Krankheit und betrifft bis zu zehn Prozent der Bevölkerung." Sätze wie dieser in einem lettischen Schulbuch haben konservative Politiker und Kirchenvertreter in dem baltischen Land empört. Sie wollten das Thema streichen lassen.

Das zuständige Schulamt in Riga hat aber anders entschieden. Das Sozialkunde-Lehrbuch für die 9. Klasse muss demnach nicht geändert werden. Aus der Behörde hieß es, man folge damit den Ratschlägen der staatlichen Kinderschutzbehörde, des lettischen Ärzteverbands und der Weltgesundheitsorganisation.

Für die Gegner der Schulbuchpassage sind die Ausführungen zur Homosexualität in der Lehrschrift ein Angriff auf die Familie und eine Bedrohung angesichts der kritischen demografischen Lage in Lettland.
(c) DRadio Wissen

Sonntag, 5. Juni 2011

Produktionsnotiz 0611.01

Die große Serie um Kirche, Macht, Gewalt und den "amourösen Indikativ" liegt hinter uns und ich habe mir schon das nächste Projekt einfallen lassen. Das Blog des kleinen lesenden Mannes ist ja in letzter Zeit sehr pragmatisch gewesen. Das will ich auch nicht ändern, aber da es hier ja ums Lesen an sich geht geht, habe ich beschlossen den Fokus auch wieder auf das gedruckte Buch zu bringen. Die Form der klassischen Rezension ist mich zur ein gutes Mittel über ein Buch bis ins kleinste zu sprechen und die "Lese man(n) doch..."-Kritiken wird es auch in Zukunft noch geben. Aber sie sind in der Ausarbeitung doch recht zeitaufwändig. Ich bin eben doch bloß Physiotherapeut und nicht die schwule Elke [Heidenreich].

Deshalb habe ich mich für ein schnelleres Instrument entschieden. In einigen Tage erscheint also die erste Ausgabe der Lese-Mann Lesetipps. Hier kann ich Bücher, einfach und kurz abhandeln, die ich für lesenswert halte. Außerdem mangelt es an Muse, Bücher, die ich vor Jahren gelesen habe, nochmals vorzunehmen, um für eine ausführliche Rezension die Feinheiten wieder vor Augen zu haben.

Wenn ich in einigen Tagen mein Dasein als Arbeitssuchender beendet habe und mit meiner zweiten Passion sogar endlich Geld verdiene, wird die Zeit ohnehin bedeutend knapper werden.

Für die Lesetipps habe ich mir vorgenommen, neue Wege zu gehen. Aber eh ich jetzt große Versprechungen mache, rufe ich zum Abwarten auf, wer weiß schon, wie es wird....

Zum Abschluss möchte ich jetzt noch für die zahlreichen Kommentare danken, insbesondere bei der Serie "Ich betenden Händen...". Ich hoffe, die vier Artikel habe etwas zum Verständis der bösen Katholischen Kirche beigetragen. Auch ich habe ein paar neue Denkanstöße bekommen. Es wird zB. sicher noch ein Text über die "Machtgleiheit" der Kirche folgen. Erstmal muss ich aber noch den non-profit-Film Zeitgeist zu Ende gucken. Der wurde mir nach dem ersten Teil von "In betenden Händen..." empfohlen.


*edit* 08.06.11: Ich bemerke seit geraumer Zeit, dass Kulturnachrichten unterhaltsamer und "spezieller" sind, als die übrigen. Deswegen habe ich heute beschlossen, noch eine weitere Rubrik aufzumachen, The Gazette, angelehnt an zahlreiche (amerianische) Nachrichtenblätter. Die Mitteilungen in einer Gazette müssen nicht immer das politische Weltgeschehen wiedergeben und kommentieren - oft gilt sie in den Augen der Leser mehr als Schmierblatt.
The Gazette startet umgehend.

TV nach 23.00 Uhr

230.000 Kinder schalten pro Abend ein

Die Anzahl der Kinder, die nach 23.00 Uhr noch TV schauen, steigt weiter an. In diesem Jahr haben bislang pro Abend durchschnittlich 230.000 Kinder im Alter von drei bis 13 Jahren das TV-Programm zwischen 23.00 Uhr und Mitternacht verfolgt.

Laut einer Sonderauswertung von "media control" nimmt diese Zahl kontinuierlich zu. Im Jahr 2008 schalteten noch 200.000 Kinder pro Abend ein, 2009 waren es bereits 210.000, im Jahr 2010 dann 220.000 kleine TV-Fans. Diese Zahlen waren allerdings schon einmal höher: Im Jahr 2003 versammelten sich sogar 270.000 Kinder zu später Stunde vor dem Bildschirm.

Der beliebteste Tag für das Spätabend-Programm ist der Samstag mit 530.000 Kids pro Abend in diesem Jahr. Freitags sind 360.000 Kinder zwischen drei und 13 Jahren dabei. Der bevorzugte Sender zwischen 23.00 Uhr und 0.00 Uhr ist RTL mit einer Einschaltquote von 26,3 Prozent. Es folgen Super RTL (10,7 Prozent) und ProSieben (10,3 Prozent).

31.05.2011 - Michael Brandes/wunschliste.de
Quelle: media control

Mittwoch, 1. Juni 2011

EHEC: Spanien "enttäuscht" von Deutschland

Madrid fordert Entschädigung für Landwirte wegen EHEC

(afp/dpa/sist) - Die Quelle der lebensgefährlichen EHEC-Infektionen in Deutschland liegt wieder völlig im Dunkeln. Spanische Gurken, die zunächst mit den Erkrankungen in Zusammenhang gebracht worden waren, sind nach neuen Laboruntersuchungen nicht der Auslöser.

Nach Umsatzeinbußen durch den angeblichen Fund des Darmkeims auf spanischen Gurken ist das Land sauer. Die spanische Agrarministerin Rosa Aguilar sagte nach Angaben des Nachrichtensenders N24, ihr Land wolle auf EU-Ebene Entschädigungen für alle europäischen Landwirte verlangen, die wegen EHEC Verluste haben. "Wir sind enttäuscht von der Art, wie Deutschland mit dieser Krise umgegangen ist."

Spanien werde zunächst den Schaden für die Landwirte beziffern und dann entscheiden, ob es möglich sei, "eine Entschädigung bei der EU-Kommission" zu beantragen, sagte Außenministerin Trinidad Jiménez bei einem Besuch in Mexiko. Zunächst sei es aber am wichtigsten, die Quelle der Erkrankungen zu identifizieren.


Zuvor hatte bereits Landwirtschaftsministerin Rosa Aguilar Entschädigungen für spanische Landwirte gefordert und das deutsche Krisenmanagement kritisiert. Gemüse aus Spanien bleibt derzeit in den Regalen liegen, nachdem in der vergangenen Woche spanische Salatgurken als eine Quelle des EHEC-Erregers identifiziert worden waren. Mittlerweile erklärten die Behörden allerdings, der dort entdeckte EHEC-Erreger sei offenbar nicht die Quelle für den beispiellosen Ausbruch an Infektionen mit dem Darmkeim.

In Hamburg waren auf vier Gurken EHEC-Erreger entdeckt worden, von denen drei aus Spanien stammten. Bei einer vierten Gurke ist die Herkunft weiter unklar. Die Bakterien auf zwei von der insgesamt vier Gurken stimmten nicht mit dem Erreger-Typ bei betroffenen Patienten in Hamburg überein, teilte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) in der Hansestadt mit. Die Ursache für die Verbreitung des Erregers vor allem in Norddeutschland ist damit weiter unklar.

Hamburg ist ein Schwerpunkt der Erkrankungswelle. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde waren in der Hansestadt bis Dienstag 569 Fälle von EHEC oder EHEC-Verdacht gemeldet worden. 110 Patienten wurden demnach wegen der lebensbedrohlich Komplikation HUS oder dem Verdacht darauf in Hamburger Krankenhäusern stationär behandelt. Es sei "keine Entspannung sichtbar", sagte Prüfer-Storcks. Bundesweit starben bislang mindestens 15 Patienten nach einer Infektion mit dem Erreger. Auch aus Schweden wurde am Dienstag ein erster Todesfall gemeldet.

(c) AFP


Quelle: http://www.gmx.net/themen/gesundheit/ehec/287p43o-ehec-spanien-ist-sauer