Ich hoffe, du bist
heute sanfter erwacht, als ich vorhin. Wir brauchen unbedingt einen neuen
Wecker. Am besten einen wie meine Mutter. Na, vielleicht doch besser nicht.
Dann wäre ich heute um den Genuss gekommen, dich beim Schlafen zu beobachten.
Ich weiß, ich soll nicht von deiner Nase schwärmen, aber... du hast nun mal die
süßeste von allen. Wie sich die Haut über ihre Runde Silhouette zieht. Mach ich
es jetzt noch schlimmer, wenn ich von einer Kindernase rede?
Ich schau dich so gern an, deinen Mund und dein kratziger
drei-Tage-Bart. Keiner küsst so wie du! So ein Verlangen, dass du mir entgegen
bringst. Du fühlst dich so sanft an, ich spüre die Bestimmtheit, mit der du
deinen Mund auf meinen legst, die Spannung deiner Muskeln unter der Haut, sehe
die Stränge, die sich darunter abzeichnen, deinen starken Hals herunter, bis zu
dem Grübchen.
Ich sehe den Schwung deiner breiten Augenbrauen, gehe
jedem einzelnen Härchen nach: Ich beginne an der Nasenwurzel und fahre Haar für
Haar entlang, immer wieder von der Mitte nach außen zu deinen Schläfen. Ich
berühre dich mit den Fingern, lege den Mittelfinger auf deine linke Schläfe,
streiche sanft, ganz sanft, deine Stirn hinauf. Dann ende ich auf deinem
rechten Arm, auf dem du deinen Kopf gebettet hast. Ich streiche zurück, wende
grad so viel Druck auf, dass es sich für dich anfühlen muss wie ein Lufthauch. Jetzt
gehe ich mit dem Finger deine Nase hinab, überwinde die Spitze und fahre
schnell ihre Mitte hinab und lande auf deiner Oberlippe, der Finger geht runter
und ich ziehe ihn ganz leicht die Unterlippe wieder hinauf und verlasse mit ihm
dein Kinn.
Hast du das gespürt? Bewusst gespürt?
Den Kuss auf jeden Fall. Denn den hast du erwidert, hast
kurz deine schönen dunkelbraunen Augen geöffnet und mich angelächelt. Geküsst
und gelächelt. Geküsselt. Gelächsst.
Gelechzt… habe ich.
Und fast wäre ich zu spät zur Arbeit gekommen. Aber nur
fast. So früh am Morgen, noch fast Nacht, ist glücklicherweise noch kaum jemand
unterwegs.
Hab einen schönen Tag. Ich liebe dich, du Schöner!
(c) Alexander Hagen, August 2013.