Sonntag, 15. September 2013

Guten Morgen, du Schöner!


Ich hoffe, du  bist heute sanfter erwacht, als ich vorhin. Wir brauchen unbedingt einen neuen Wecker. Am besten einen wie meine Mutter. Na, vielleicht doch besser nicht. Dann wäre ich heute um den Genuss gekommen, dich beim Schlafen zu beobachten. Ich weiß, ich soll nicht von deiner Nase schwärmen, aber... du hast nun mal die süßeste von allen. Wie sich die Haut über ihre Runde Silhouette zieht. Mach ich es jetzt noch schlimmer, wenn ich von einer Kindernase rede?
Ich schau dich so gern an, deinen Mund und dein kratziger drei-Tage-Bart. Keiner küsst so wie du! So ein Verlangen, dass du mir entgegen bringst. Du fühlst dich so sanft an, ich spüre die Bestimmtheit, mit der du deinen Mund auf meinen legst, die Spannung deiner Muskeln unter der Haut, sehe die Stränge, die sich darunter abzeichnen, deinen starken Hals herunter, bis zu dem Grübchen.
Ich sehe den Schwung deiner breiten Augenbrauen, gehe jedem einzelnen Härchen nach: Ich beginne an der Nasenwurzel und fahre Haar für Haar entlang, immer wieder von der Mitte nach außen zu deinen Schläfen. Ich berühre dich mit den Fingern, lege den Mittelfinger auf deine linke Schläfe, streiche sanft, ganz sanft, deine Stirn hinauf. Dann ende ich auf deinem rechten Arm, auf dem du deinen Kopf gebettet hast. Ich streiche zurück, wende grad so viel Druck auf, dass es sich für dich anfühlen muss wie ein Lufthauch. Jetzt gehe ich mit dem Finger deine Nase hinab, überwinde die Spitze und fahre schnell ihre Mitte hinab und lande auf deiner Oberlippe, der Finger geht runter und ich ziehe ihn ganz leicht die Unterlippe wieder hinauf und verlasse mit ihm dein Kinn.
Hast du das gespürt? Bewusst gespürt?
Den Kuss auf jeden Fall. Denn den hast du erwidert, hast kurz deine schönen dunkelbraunen Augen geöffnet und mich angelächelt. Geküsst und gelächelt. Geküsselt. Gelächsst.
Gelechzt… habe ich.
Und fast wäre ich zu spät zur Arbeit gekommen. Aber nur fast. So früh am Morgen, noch fast Nacht, ist glücklicherweise noch kaum jemand unterwegs.

Hab einen schönen Tag. Ich liebe dich, du Schöner!





(c) Alexander Hagen, August 2013.