Sonntag, 4. Dezember 2011

2. Advent: Ein paar Gedanken

Das heutige Evangleium führt uns in eine für die Adventszeit sehr ungewöhnliche Gegend: die Wüste. Wenn wir an Advent denken, haben wir Bilder von Kaminfeuer, Glühwein, Plätzchen backen und (Vor-)Weihnachtsmarktbesuchen vor dem inneren Auge.
Aber was hat die Wüste mit der Ankunft Christi zu tun?

Dieses lebensfeindliche Sphäre hat für die Israeliten eine besondere Bedeutung und spielt in der biblischen Überlieferung eine wichtige wiederkehrende Rolle:
- Das Volk der Israeliten wanderte vierzig Jahre durch die Wüste, nachdem es aus dem Leben als Sklaven in Ägypten ausgezogen war. Vierzig Jahre - in der damaligen Zeit ein ganzes Menschenleben; heute mitunter ein halbes Leben. Die 40 ist eine sehr symbolische Zahl, die für lange Zeotspannen steht.
- Jesus Christus selbst zog sich für vierzig Tage in die Einsamkeit der Wüste zurück, bevor er das erste Mal öffentlich auftrat und seine Botschaft verkündete. In der Abgeschiedenheit wollte er sein Leben ordnen. Nach dieser Zeit ging er nach Galiäa, einem sehr fruchtbaren Landstrich in Israel.

Eine Zeit vor der eigentlichen Frohen Botschaft Jesu, wird schon von seinem Wegbereiter gesprochen. Johannes, sein Großcousin, bekam später den Beinamen "der Täufer", der in der Wüste ein abschiedenes und ärmliches Leben führte. Er ernährte sich von "Heuschrecken und wildem Honig". Eine Speise, nach der man suchen musste.
In der Zeit, als die Juden von den Römern erobert und regiert wurden, rief er zu Umkehr auf und taufte als Erster die Menschen mit Wasser. (Wasser, das er wohl durch die Wüste noch mehr als lebenspendend und -erhaltend zu schätzen gelernt haben wird.)

Die letztes Strophe des Liedes "O Heiland, reiß die Himmel auf" wendet als poetisch-historisches Zeugnis den Blick auf eine weitere Wüste. Doch diese war von Menschen geschaffen.
Friedrich Spee, ein junger Jesuit schrieb dieses Lied vier Jahre nach Beginn des Dreizigjährigen Krieges - damals wussten die Leute noch nicht, dass dieser Krieg 30 Jahre dauern würde. Was hatte Friedrich Spee vor Augen? Die menschliche Wüste waren die Gräultaten des Krieges; Menschen, die grausam getötet, ja abgemetzelt wurden. Wohl auch Hungersnot der armen Bevölkerung. Außerdem pflegte und begleitete Friedrich Spee an der Pest erkrankte Menschen, denn der Anfang des 17. Jahrhunderts war auch die Zeit des schwarzen Todes.

Unter den zeitgenössischen Kritikern galt Friedrich Spee als schlechter Dichter, da seine Lieder kein gutes Versmaß aufwiesen, wovon Friedrich Spee sehr gekränkt war. Heutzutage gelten diese Werke aber als Zeugnis baroker Dichtkunst. Wer weiß schon, wie mein Handeln in dreizig Jahren, in einem Jahrhundert gewertet wird?

Leopold II. schaffte als Großherzog der Toskana als erste 1786 die Todesstrafe ab. Denn er war der Meinung, der Mensch sei nicht Herr über Leben und Tod. Somit wurde er zu einem Leuchtfeuer des Lebens in der Kälte der menschlichen Wüste.

Wir begegnen in der Weltgeschichte immer weider Menschen, die sich in die Wüste begaben und suchten, oder die der menschlichen Wüste Einhalt geboten.
Ich lade Sie ein, die Adventszeit zu nützen, um sich umzusehen wo in Ihrem Leben und um Ihr Leben Wüste herrscht und dort einen Funken Leben zu entzünden.

Wer weiß schon, wie mein Handeln in dreizig Jahren, in einem Jahrhundert gewertet wird?


- Nacherzählung der Predigt meines Pfarrers zum Zweiten Adventssonntag 2011.

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