Samstag, 14. Mai 2011

Eine Gegenargumentation

Also das ist der größte Blödsinn, den ich seit langem gelesen habe. Ich weiß nicht, wo in diesem Text Brillanz zu finden sein soll. Und eine Analyse von Fakten und Entwicklungen ist hier auch nicht zu finden, denn dieses Statement ist nur eine Ansammlung von Halb- und Falschwissen.

Zum einen gehört das Buch Jesus Sirach nicht in das Neue, sondern in das Alte Testament.
Die Aussagen über das hier sogenannte Verhütungsverbot wurden ohne Aufgreifen des Kontextes verwendet. Die Zehn Gebote sagen klar und deutlich "Du sollst nicht töten!". Schließt das nicht auch die wehrlosesten unter den Wehrlosen ein? Die ungeborenen Kinder... Ferner appelliert die Kirche an die natürliche Vernunftbegabung eines Menschen. Wenn ich HIV habe, muss ich dann wie wild alles bespringen, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist? Nein, sicher nicht. Denn von der Natur her, ist Sex zur Fortpflanzung gedacht. Dass es den Menschen auch noch Spaß bereitet ist eine nette Beigabe. Und mal wieder wurde eine Sache durch Rücksichtslosigkeit entfremdet.

Was die Gewaltvorstellungen und die Anwendung von Gewalt durch die Kirche angeht, so bleibt hierzu nur zu sagen, dass jede Gemeinschaft aus Menschen besteht. Und jeder einzelne dieser Menschen hat seine eigenen Fehler und Macken. Und jeder wird geprägt durch seine Erfahrungen. Jede Persönlichkeit ist einzigartig und ist bestimmt durch die gerade aktuellen Regeln und Umstände, in der sie existiert. Macht korrumpiert, sagt der Volksmund.
Betrachten wir aber nun die grundlegende Motivation, die bspw. den Kreuzzügen zugrunde lag, so war es das Bestreben, die Heilige Stadt Jerusalem vor den „Ungläubigen“ zu beschützen. Was der Mensch am Ende daraus macht, ist allein seinem Verstand geschuldet. Und einen Immanuel Kant hatte die Menschheit damals noch nicht.

Ich glaube auch nicht, dass der Papst die damalige Gewalt bei der Christianisierung geleugnet hat. Er begibt sich hingegen auf einen Weg, den die Katholische Kirche schon mit dem 2. Vatikanischen Konzil gegangen ist. Das II. Vatikanum kam u.a. zu dem Schluss, dass es durchaus weitere Wege, als den der Römischen Kirche gibt, um zum Heil zugelangen.
Ziehen wir die Mystiker - christliche wie nichtchristliche - heran lernen wir, dass nach der Loslösung von allem weltlichen und Ich-bezogenen Denken nur noch eines übrig bleibt: Liebe. Und sowohl das Neue Testament, wie auch Benedikt XVI., stellt fest: "Gott ist die Liebe" (1 Joh 4, 16)!
Wir sehen also, dass der christliche Gottesdienst, der Gottesdienst in der Synagoge und das Gebet in der Moschee oder die fernöstliche Meditation - um nur ein paar Beispiele zu nennen - nur weltliche Strukturen sind, um menschliche Formen der Glaubensgemeinschaft zu schaffen.

*edit* Wie mir ein befreudeter Soziologie-Student übrigens kürzlich verriet, besteht die Aufgabe der Kirche heutzutage auch nur noch darin, Halt zu geben und Wege bei ethischen, moralischen, sozialen und religiösen Fragen aufzuzeigen. (Dass sie sich heutzutage immer wieder schwer damit tut, nur die Beraterin zu sein, nach Jahrhunderten als Leitfigur, ist ein anderes Kapitel.)

Ferner bleibt die Frage im Raum stehen, ob ein Traktat, dass den Namen „Der HASS auf den Westen“ eine sachliche Erörterung sein kann. Und wo ist Überhaupt die Grenze zwischen Westen und nicht Nichtwesten zu ziehen? Ich für meinen Teil sehe Europa eher als den Kontinent zwischen Osten und Westen an. Und ein Mensch aus Australien würde Europa wohl eher als einen nördlichen Kontinent sehen, als als einen Teil des Westens.
Es bleibt wohl eine subjektive Einschätzung des jeweiligen Betrachters.
Das genannte Zitat kann ohne Berücksichtigung des seines Kontextes keine nennenswerte Aussagekraft haben und ist mit Vorsicht zu genießen. Das Buch „Der Hass auf den Westen“ beschreibt lediglich „wie sich die armen Völker gegen den wirtschaftlichen Weltkrieg wehren“. Angemerkt sei, dass der ‚wirtschaftliche Weltkrieg‘ ein Neologismus ist – eine Wortneuschöpfung. Diese beschreibt nicht nur neue Sachverhalte, sondern wird oft auch zur Propaganda genutzt. Erinnert sei hier an das „Internationale Finanzjudentum“ der Nazis.

Die wohl größte Verirrung der Autoren von hinter-den-schlagzeilen.de ist aber wohl der abschließende Absatz: einem Erzbischof öffentliche Zurschaustellung seiner vermeintlichen Gewaltvorstellungen zu unterstellen. Ziehen wir einfach neben unserer gesunden Vernunftbegabung auch eine Portion Fantasie gewürzt mit Sachlichkeit heran und stellen uns einen Soldaten vor, der betet. (Egal, ob in einer Notsituation oder aus tiefster Überzeugung.) Am besten gleich in der „Kulisse“ einer der Kirchenbänke des Kölner Doms: Der Mann kniet in Uniform auf einer der Kniebänke, seine Finger fest gefaltet, seine Augen zum Kreuz erhoben.
Forderten wir diesen Mann nun auf, sein Gewehr zu sich zu nehmen, so würde er es wohl neben sich stellen, auf seinen Rücken schnallen oder in den Kreis, den seine Arme mit seiner Brust bilden, legen. Das Gewehr würde friedlich und ruhig in dieser Kirche stehen. Sollte der arme Soldat nun auch noch das Gewehr richtig in die Hände nehmen, den Betgriff aber beibehalten, so würde der Lauf in die Luft zeigen und der Mann hätte auch keinen Finger am Abzug.
Im unwahrscheinlichen Fall, dass sich doch ein Schuss lösen sollte, würde dieser einfach in die Luft gehen.

„In betenden Händen ist die Waffe sicher!“



Der dritte Teil erscheint in einer Woche: am Samstag, den 21.05.11.

2 Kommentare:

Shenzhou hat gesagt…

So, Folks, ich habe vorhin den ersten Absatz der "Gegenargumentation" bei hinter-den-schlagzeilen.de gepostet. Er wartet dort jetzt auf seine Freischaltung.
Bin gespannt, wie das endet.

Anonym hat gesagt…

Da spricht ein wahrer Christ.