Tag drei des neuen Jahres. Insta-Influencer*innen posten die Umsetzung ihrer Vorsätze zum Neuen Jahr. Andere haben mit den Altlasten aus dem letzten Jahr zu tun - oder mit denjenigen Altlasten, die noch um einiges älter sind, um einiges länger in die eigene Vergangenheit zurückreichen und mächtig auf sie einwirken.
Eine Freundin schrieb bei WhatsApp, sie versuche nicht nur in diesem neuen Jahr zu überleben, sondern dem Leben wieder näher zu kommen. Ich meinte, ich könne das nachvollziehen, hegte ich doch seit geraumer Zeit den Wunsch, wieder glücklich sein zu wollen. (Legen wir das mal nicht mit einem Differenzierungszwang auf die Goldwaage und überlegen jetzt mal nicht, wie die korrekt formulierte psychomotivatorische Zielsetzung lauten möge...)
Jedenfalls erwiderte sie darauf: "Die Glücksmaschine gehört zerstört..."
Sie war vor einiger Zeit in eine Klinik, die Gruppe, in der sie ihre Gruppentherapie absolvierte, nannte sich »Problemlösegruppe«.
Wir kamen doch recht oft an den Punkt, dass jemand sagte: "Ich suche nach dem Glück" und er machte dann schon nur noch eine Bewegung, wie wenn er einen Hammer schwingen würde und damit wussten wir: Die Glücksmaschine gehört kaputt gemacht. Sie will nämlich immer, dass wir glücklich sind, aber definiert dieses nicht.
Das schlimme ist, dass wenn wir einen Moment des scheinbaren Glücks erreichen, dieser Glücksmaschine etwas einfällt, warum es nicht ausreicht und wie wir glücklicher sein können. Dann ist sie mit dem erreichten Glück nicht zufrieden. Und damit ist die Glücksmaschine Produzent des Unglücks, also des genauen Gegenteils.
Ich mag ihr Bild von der Glücksmaschine irgendwie, auch wenn ich ihre Auffassung nicht teile. Das heißt, mich fasziniert dieses Bild. Du findest darin einen Gegner – eben diese Maschine. Eine Maschine, mit einem Bewusstsein, das mindestens so hochgradig vorhanden ist, dass es auf dich und deine Suche nach Glück reagiert und dein Widerpart wird. Du darfst nicht dauerhaft glücklich sein!
Das kann es aber nicht sein. Schon allein, weil es so eine Maschine nicht gibt. Allenfalls metaphorisch, da "die Industrie" ständig versucht, in uns neu zu stillende Bedürfnisse in uns wachzurufen. Und die bestehenden immer wieder anzutriggern. Kauft! Kauft! Kauft!
Glück ist für mich eher ein Zustand. Glücklich sein eben. Es geht mir dabei auch nicht um eine Steigerung. Außer vielleicht jetzt aktuell, denn gegenwärtig bin ich gar nicht glücklich. Ich bin nur etwas zufriedener geworden, als ich es die letzten Monate hindurch ging. Ich will wieder glücklich sein, und nicht durch die Präsenz oder Nichtpräsenz von Menschen in meinem Leben getrieben werden. Von einer Traurigkeit in die nächste Wolke der Melancholie und immer weiter fort von dem, wie ich eigentlich bin und mich eigentlich fühlen will.
Glück und glücklich sein, das ist Eudaimonie, wie die halten Philosophen es nannten. Die εὐδαιμονία ist das gelingende Leben. Also gar nicht so sehr ein emotionaler Zustand, ich weiß; da beißen sich mein Wunsch und meine philosophische Sicht auf das Thema. Eine Spannung, die sich aber aushalten lässt.
Ich strebe also nach einem Zustand und nach einer Haltung, die ich einnehmen will. Welches von beidem leichter zu erreichen ist, weiß ich nicht. Wer die glückliche Haltung, die Haltung des gelingenden Lebens, hat, ist auch "glücklich", wenn er gerade keine glückliche, sondern eine bedrückende Zeit erlebt, eine Zeit der seelischen oder emotionalen Schmerzes, der Bedrücktheit des eigenen Gemütes... und auch des Misserfolges. Das hat fast etwas Stoisches.
Gemütszustände zu verändern, sie selbst zu beeinflussen, mag da die leichtere Aufgabe sein. Die Lieblingsserie, ein leckeres Essen, ein Witz, den man von einem Freund erzählt bekommt, mögen da schnelle Hilfsmittel sein, die das eigene Befinden verändern können. Manches für diese Grundemotion Freude kann ich selbst machen, für anderes bin ich auf Andere angewiesen.
Am Ende lässt sich dies alles auch als »Glücksmaschine« begreifen, den entscheidenden Unterschied macht, ob ich mich selbst an die Kontrollknöpfe dieser Maschine setze oder sie als unkontrollierbares Perpetuum mobile betrachte.
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